eine Hünin legt los

 

 

 

Zwei Wochen Warten und Dahinsiechen, zwischen 80jährigen Schlaganfall-Patienten auf der Neurologischen Station werden mit einem Vorfall schlagartig beendet: Eine neue Nachtschwester, blond-groß-schlank, glaubt, sie kann Lilly alleine aufrecht aus dem Bett heben. Es sind zwar nur noch 50 Kilo Masse, aber unbeweglich, schwammig, nicht richtig zu greifen.

 

 

Lilly schüttelt mit den Augäpfeln den Kopf, weil sie aus Erfahrung weiß, dass dieses Vorhaben nicht funktionieren wird. Die Hünin merkt das nicht, hört nicht auf ihre Kollegin, die ihr zuruft: "Warte, ich komme gleich zu dir.". Sie ist fest dazu entschlossen, nach der Rückkehr aus dem Urlaub, zu beweisen, dass sie größer und kräftiger ist.

 

 

Sie rechnet nicht damit, dass Lilly inzwischen am ganzen Körper gelähmt ist und in keinster Weise mithelfen kann. Sogar der Kopf hängt inzwischen nur noch im Genick und baumelt unkontrolliert von einer Schulter zur anderen, wenn er nicht abgestützt wird, wofür sie ja keine Hand mehr frei hat, wenn sie beide Arme braucht, um unter den Achseln durchgeschängelt, bereit, diese auszurenken, bei einer falschen Bewegung, Lilly hochzuschwingen, während sie glaubt, die Beine mit den Fußspitzen an ihren Fußspitzen und Knie an Knie, diese so positioniert zu haben, dass sie beim Aufzerren nicht verrutschen.

 

 

Lillys Knie rutscht von ihrem Knie ab, der Kopf baumelt unkontrolliert im Nacken, während die irre Schwester ihre Arme fester zusammendrückt, um ein Zwischendurchrutschen des Oberkörpers, zu verhindern. "Mein Gott, Alte!", lacht Lilly innerlich, hofft, dass wenigstens ihr baumelndes Genick nicht abbricht. "Knack.", macht es. Lilly merkt eine Veränderung in ihrem Brustkorb.

 

 

"Du dumme Kuh! Wie dämlich bist du?", ärgert sie sich. Vor lauter Schreck macht die Schwester, völlig aus der Balance, einen Schritt nach vorne, trampelt dabei auf Lillys ungeschützten Vorderfuß. Wenn sie könnte, würde Lilly laut loslachen. 

Mit Müh und Plag legt sie Lillys Oberkörper mit den geknackten Rippen nach rechts zurück auf die zu wenig angehobene Rückenlehne des Bettes, was dazu führt, dass ihr Gesäß sitzt, aber Kopf und der Oberkörper nach rechts liegen. Die Schwester trampelt auf Lillys Füßen herum, bevor sie die Verrenkung bemerkt, zerrend versucht, die Beine wieder zurück auf das Bett zu bekommen, was unmöglich ist, weil sie sich mit dem gerade sitzenden Gesäß sperren.

 

 

"Wenn du glaubst, du hast alles erlebt,... ", spricht Lilly mit sich selbst, ohne Möglichkeit, ihre Worte mit den Sprachorganen hörbar zu machen. Bei dem Anblick ihrer verrenkten Gliedmaßen, roten Vorderfüßen und Kniescheiben, dem verkrümmten Körper mit dem eigenartigen inneren Wackeln in der Brust könnte ihr schwindlig werden, doch sie findet es einfach nur amüsant, wie sich die Pflegerin aus dem Dilemma rauszureden versucht, als ihre Kollegin dazu stößt. Dieses Stumm-Sein, die beobachtende, auf die erste Augustwoche fokussierte, Position sind ein Erlebnis für sich.